Stellungnahme der Vereiniung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ) , veröffentlicht am 03. November.
30 Jahre Betätigungsverbot für die PKK – Kein Ruhmesblatt für den
Rechtsstaat
Am 22. November 1993 verhängte der damalige deutsche Innenminister gegen die PKK ein
Betätigungsverbot. Es folgten Verbote gegen zahlreiche Organisationen und Medien, denen
unterstellt wurde Teil der PKK-Struktur zu sein. Begleitet wurde dies von den üblichen
Kennzeichenverboten. Seit 2002 wird die PKK von der EU als Terrororganisation gelistet.
In der Folgezeit wurden Hunderte kurdische Aktivist*innen wegen Verstoß gegen diese Verbote
und wegen Verstoß gegen die §§ 129a und 129b StGB angeklagt und zum Teil zu hohen
Gefängnisstrafen verurteilt. Der weitergehende Versuch, Versammlungen kurdischer
Organisationen generell zu kriminalisieren, ist bisher vor den Gerichten gescheitert.
Bereits 1993 begründete das Bundesinnenministerium die repressiven Maßnahmen wie folgt:
„Die Tätigkeit der ‚Arbeiterpartei Kurdistans‘ (PKK) einschließlich ihrer Teilorganisationen
‚Nationale Befreiungsfront Kurdistans‘ (ERNK), […] verstößt gegen Strafgesetze, richtet sich
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, gefährdet die innere Sicherheit, die öffentliche
Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland.“
Schon zum damaligen Zeitpunkt gab es erhebliche Zweifel, ob das Verbot tatsächlich
deutschen Sicherheitsinteressen dient, oder eher den politischen Interessen der türkischen
Regierung. Obwohl Abdulla Öcalan schon 1995 den Gewaltverzicht erklärt hatte, wurde in
Deutschland nichts unternommen, um ihr den Weg zurück zur Legalität zu ebnen.
Inzwischen muss selbst der Verfassungsschutz in seinem Bericht für 2022 einschränkend
feststellen:
„Wenngleich in Europa weiterhin friedliche Veranstaltungen und Aktivitäten im Vordergrund
stehen, bleibt Gewalt eine strategische Option der PKK-Ideologie.“
An die Stelle erwiesener Gewalttätigkeit ist die Gewalt als vage strategische Option getreten,
eine rechtlich nicht greifbare Vermutung. Zurecht wurde daher immer wieder versucht, mit
rechtlichen und parlamentarischen Mitteln die Kriminalisierung der PKK zu beenden. In einem
Antrag der Bundestagsfraktion von Die Linke vom Dezember 2014 heißt es dazu:
„Einleitung politischer Schritte zur Aufhebung des vereinsrechtlichen Betätigungsverbots für
die PKK und ihr angeschlossene Organisationen sowie ihr nahestehende Vereinigungen und
Medien, Beendigung aller ausländerrechtlichen Sanktionen, Amnestie, Widerruf der
strafrechtlichen Verfolgung als ausländische terroristische Vereinigung, Initiative auf EU-Ebene
für die Streichung der PKK von der Terrorliste, Fortsetzung der Friedensgespräche zwischen
der türkischen Regierung und der PKK.“
Die PKK hat wiederholt gegen Aufnahme in die EU-Liste der terroristischen Organisationen
geklagt. Der EuGH hat ihr nur Recht gegeben, weil die Beschlussfassung der EU formal
fehlerhaft war. Im Mai 2022 hat die PKK erneut die Aufhebung ihres Betätigungsverbots beim
Bundesinnenministerium beantragt Eine Entscheidung steht noch aus.
Die VDJ unterstützt diesen Antrag ebenso wie andere Initiativen zur Beendigung der
Kriminalisierung der PKK. Die Forderungen der Fraktion die Linke im Bundestag von 2014
besitzen weiterhin Gültigkeit:
- politische Schritte zur Aufhebung des 1993 verhängten vereinsrechtlichen Betätigungsverbots
für die PKK und ihre Teil-, Neben- und Nachfolgeorganisationen sowie ihr nahestehende
Vereinigungen und Medien einzuleiten, - die Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz für die Verfolgung der PKK
als ausländische terroristische Vereinigung nach Paragraph 129b StGB zu widerrufen, - alle in Verbindung mit dem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot der PKK und ihrer Teil-,
Neben- und Nachfolgeorganisationen sowie ihr nahestehender Vereinigungen und Medien, der
Einstufung der PKK als ausländische terroristische Vereinigung nach Paragraph 129b StGB
sowie ihrer Listung auf der EU-Terrorliste stehenden ausländerrechtlichen Sanktionen zu
beenden, - politische Schritte für eine Amnestie aller derjenigen Personen einzuleiten, die aufgrund des
vereinsrechtlichen Betätigungsverbots der PKK lediglich wegen Mitgliedschaft oder
Unterstützung der PKK oder ihrer Teil-, Neben- und Nachfolgeorganisationen oder ihr
nahestehender Vereinigungen und Medien verurteilt wurden oder gegen die derzeit
entsprechende Ermittlungsverfahren laufen, - sich auf EU-Ebene für die Streichung der PKK (einschließlich als a.k.a. gelisteter
Organisationen wie KADEK, Kongra-Gel) von der Liste terroristischer Organisationen
einzusetzen und bei der nächsten Abstimmung über die Liste beim Rat der Europäischen
Union ihr Veto gegen eine weitere Listung der PKK einzulegen, - die türkische Regierung und die PKK zu einer konstruktiven und transparenten Fortsetzung
der begonnenen Friedensgespräche mit dem Ziel einer dauerhaften Friedenssicherung durch
die Umsetzung demokratischer Reformen im Bereich der Menschen- und Minderheitenrechte
zu ermutigen.
Die VDJ fordert die Bundesregierung auf, den Antrag von Mai 2022 zu beantworten und
die Forderungen der Linken von 2014 umzusetzen. Die Kriminalisierung der kurdischen
Opposition muss ein Ende finden.