Vor zwei Jahren fanden weltweit Demonstrationen gegen die völkerrechtswidrige Invasion des türkischen Staates in Nordsyrien statt. In Köln versuchte die Polizei, eine Großdemonstration im Vorfeld mit dubiosen Falschmeldungen über angebliche Gewalttäter zu sabotieren, nachdem ein Verbot gerichtlich gescheitert war. Dagegen haben die Veranstalter:innen, das „Antifaschistische Aktionsbündnis Köln gegen Rechts“ und die „Interventionistische Linke Köln“, geklagt. Der Prozess gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Polizeipräsidium Köln, findet am Donnerstag vor dem Kölner Verwaltungsgericht statt.
„Tausende mit Messern bewaffnete Kurden“
Die iL Köln teilt dazu mit: „Die beiden Kläger:innen meldeten für den 19. Oktober 2019 eine Versammlung mit dem Thema ,Gegen den Angriffskrieg der Türkei, Solidarität mit Rojava‘ mit Aufzug und Kundgebung in der Kölner Innenstadt an. Mit der Versammlung sollte gegen den militärischen Einmarsch der Türkei in Nordsyrien im Herbst 2019 protestiert werden.
Nach zwei Kooperations-Gesprächen wurden die Orte der Demonstrationen am 16. Oktober von der Polizei zunächst abgelehnt, aber nach einem Eilverfahren am 17. Oktober wurde dann doch alles genehmigt. Kosten musste das Land NRW tragen. Aber am 18. Oktober beraumte das PP ein weiteres Gespräch an, weil neue Erkenntnisse vorlägen. Über ,1000 mit Messern bewaffneten Kurden mit kurzer Zündschnur‘ würden an der geplanten Demo teilnehmen. Woher die Erkenntnisse kamen, wurde nicht gesagt, weil die Kläger nicht vertrauenswürdig seien.
Fast gleichzeitig zu diesem ,Koop-Gespräch‘ hatte die Behörde eine Pressekonferenz angesetzt, auf der sie die gleichen Horrormeldungen verbreitete. Die Medien berichteten teilweise dementsprechend, obwohl auch dort die Erkenntnisquellen seitens der Polizei nicht genannt wurden. Schließlich wurden die Anmelder und Kläger ausdrücklich aufgefordert, die Versammlung von sich aus wegen der anreisenden gewaltbereiten Jugendlichen abzusagen. Grund dafür sei, dass die Kläger die prognostizierten Ausschreitungen nicht in den Griff bekommen könnten.
Die Kläger kamen der Aufforderung, die Demonstration von sich aus abzusagen, nicht nach. Sie glaubten der Info nicht. Sie hielten das Ganze für eine Intervention jenseits der juristischen Ebene, weil die Polizeibehörde wusste, dass sie dort keine Chance gehabt hätte. Die reale Folge war aber, dass wahrscheinlich 1000ende von potentiellen Demonstrant:innen der bundesweiten Demo aus Angst vor Gewalt nicht anreisten. Die Versammlung selber verlief am 19. Oktober 2019 friedlich ohne größere Zwischenfälle, jedoch begleitet von einem Großaufgebot der Polizei mit mehreren Hundertschaften, Wasserwerfern und einer Reiterstaffel.“
„Das Vorgehen der Polizei war rechtswidrig“
Mit seinem Vorgehen hat Polizeipräsident Jacob das Demonstrationsrecht erfolgreich behindert. Deshalb wollen die Kläger:innen festgestellt haben, dass das Vorgehen in zweifacher Hinsicht rechtswidrig war:
„1. Der mehrfache Hinweis der Polizei Köln auf der Pressekonferenz vom 18.10.2019 zur von den Klägern für den 19.10.2019 in Köln angemeldeten Versammlung, dass die Teilnahme tausender gewaltbereiter Jugendlicher erwartet würde, welche eine „sehr kurze Zündschnur“ hätten und teilweise mit Messern bewaffnet seien, …so dass die reelle Gefahr bestehe, dass die Versammlung unfriedlich verlaufen werde, war rechtswidrig.
2. Die Aufforderung der Polizei Köln im Rahmen des Gesprächs mit den Klägern am 18.10.2019, dass die Kläger die Versammlung aus diesem Grunde von sich aus absagen sollten, weil die Versammlungsleitung die prognostizierten Ausschreitungen nicht in den Griff bekommen könne, war rechtswidrig.“
Die iL Köln will diese juristische Feststellung erreichen, auch wenn sie materiell nichts bringt, damit eine solche Vorgehensweise der Polizei in der Zukunft nicht Schule macht. Auch angesichts der geplanten Verschärfung des Versammlungsgesetzes NRW sei das wichtig.
Die öffentliche Verhandlung findet am 28. Oktober um 9.30 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Köln am Appellhofplatz statt.
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