Wie der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland (AZADÎ e.V.) mitteilt, hat das Amtsgericht Duisburg in einem Beschluss vom 13. November den Antrag der örtlichen Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz im Zusammenhang mit einer Flagge der Volksverteidigungseinheiten YPG (kurd. Yekîneyên Parastina Gel) aus rechtlichen Gründen abgelehnt (Aktenzeichen: 204 Cs-114 Js 210/19-215/20).
Einer Angeschuldigten war vorgeworfen worden, während einer Versammlung am 9. Oktober 2019 in Duisburg „für mehrere Minuten“ eine Fahne mit dem Symbol der YPG geschwenkt zu haben. Zudem habe sie in unmittelbarer Nähe anderer Personen mit YPG-Fahnen „zwei Mal hintereinander“ die Parole „PKK“ gerufen, um auf diese Weise die Verbindung zwischen YPG und PKK herzustellen. Anlass der Versammlung, die das Motto „Efrîn soll leben – Türkei raus aus Rojava“ trug, war die Invasion der Türkei in Nordsyrien.
Staatsanwaltschaft: PKK „usurpiert“ YPG
Der Verteidiger der Frau, Rechtsanwalt Yener Sözen, hatte in dem Verfahren vorgetragen, dass das Zeigen der YPG-Fahne erlaubt sei und das Skandieren der Parole „PKK“ keinen Verstoß gegen das Vereinsgesetz darstelle. Auch das Gericht vertrat die Auffassung, dass das der Angeschuldigten vorgeworfene Handeln keinen Straftatbestand erfülle. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es sich bei der Fahne mit dem YPG-Symbol um das Kennzeichen eines verbotenen Vereins gehandelt hätte. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft, dieses Emblem werde auch von der verbotenen PKK „usurpiert“, teilte das Gericht ebenfalls nicht. Schließlich seien auch Ähnlichkeiten der Symbole beider Organisationen nicht erkennbar.
Gericht: Rufen von „PKK“ keine Kennzeichenverwendung
Zur Frage, ob die beiden „PKK“-Rufe strafbar gewesen sein sollen, erläuterte das Amtsgericht, dass die Beschuldigte polizeilichen Feststellungen zufolge zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Besitz der YPG-Fahne gewesen sei und zwischen beiden Vorfällen eine „deutliche Zäsur“ vorgelegen habe. Denn der Versammlungsleiter habe nach Aufforderung der Polizei die Teilnehmer*innen per Lautsprecherdurchsage aufgefordert, das Zeigen der Fahnen zu unterlassen. Sodann habe sich die Demonstration in Bewegung gesetzt – bevor die Angeschuldigte „PKK“ gerufen haben soll.
Außerdem – so das Gericht – stelle das Rufen des Namens einer verbotenen Organisation „für sich“ kein „Verwenden eines Kennzeichens“ dar, weil es sich bei einem Namen als solchem nicht um ein „Kennzeichen“ handele. Schlussendlich sei der Angeschuldigten das Schwenken einer YPG-Fahne durch eine dritte Person und das gleichzeitige „PKK“-Rufen als „eigene“ Tat nicht zuzurechnen. Dies würde den Wortsinn des „Verwendens“ sprengen und verstieße gegen das „Analogieverbot“.